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Hörgeräteanpassung per Videotelefonie?

27.12.2023

Wann eine Remote-Einstellung am Hörsystem Sinn macht und wann es nicht zu empfehlen ist.

Seit bestimmten Zeiten ist Videotelefonie vom Computer nicht mehr wegzudenken. Solche Apps, die eine 1:1 Kommunikation mit mehreren Teilnehmern garantieren, werden in vielen Firmen für Sitzungen und Besprechungen verwendet. Die Schlussfolgerung, dass per Videotelefonie auch Hörgeräte angepasst werden können, liegt daher nahe. Insbesondere, da jedes Hörsystem über einen Remotemodus verfügt und für die Fernanpassung meist nur ein aktuelles Smartphone benötigt wird.

Sie ahnen es bereits, wir finden das nicht toll. Aus drei naheliegenden Gründen: Erstens mögen wir den persönlichen Kontakt zum Menschen. Wie sollen wir unsere Philosophie umsetzen, wenn besagte Person zuhause sitzt? Zweitens stehen wir für seriöse Anpassungen. Das heisst, der Blick ins Ohr des zukünftigen Hörgeräteträgers ist ein absolutes Muss. Zudem sollte eine Hörsystemanpassung aus unserer Sicht mit objektiven Messmethoden begleitet werden. Drittens befürworten wir den Einkauf in lokalen Geschäften, wann immer möglich. Wenn alle Konsumenten nur noch Internetkäufe tätigen, müssen wir unseren Beruf wohl aufgeben und in die logistische Branche wechseln.

Es gibt jedoch Ausnahmen. Per Remote auf eine Hörsystemeinstellung zugreifen, macht dann Sinn, wenn der Träger nur eine kleine Änderung an einem Programm vornehmen möchte. Wenn ein manuelles Programm hinzugefügt werden soll oder er möchte die Konfiguration des Hörgeräteschalters ändern. Wenn das Signal des TV Senders angepasst oder die neue Einstellung doch keine Verbesserung bringt und auf die vorherige Einstellung gewechselt werden soll. Oder - und das ist der wichtigste Punkt - wenn der Kunde aus gesundheitlichen Gründen nicht zu uns kommen kann. In einem solchen Fall besuche ich den Kunden jedoch lieber an seinem jeweiligen Aufenthaltsort.

Somit nutzt Hörsystem KESSLER die Remote-Möglichkeit sehr wohl, aber nicht um jeden Preis. Und nur im Einverständnis mit den Kunden.

Eine verantwortungsvolle Anpassung des Hörsystems beinhaltet viel mehr, als nur eine Programmierung nach Lehrbuch aufgrund der Hörtestergebnisse. Selbstverständlich ist das Resultat des Hörtests entscheidend. Es gibt allerdings auch zusätzliche objektive Messmethoden. Der Sondenschlauch am Ohr beispielsweise, hilft, das individuelle Hörproblem des Kunden besser nachzuvollziehen. Nicht minder wichtige Informationen erhalte ich im persönlichen Gespräch. Sitzt der zukünftige Hörgeräteträger vis-à-vis, gerät man ins Plaudern. Wobei wir oft auf Tätigkeiten stossen, die ein zusätzliches Hörprogramm erfordern. Es ist mir wichtig, dass ich mich in den Menschen einfühlen kann. Das gelingt mir im persönlichen Gespräch deutlich besser, als per Computer. Obwohl die akustische Übertragung mehr oder weniger in Echtzeit erfolgt, die Mimik des Gegenübers ist entscheidend und per Bildschirm schwerer zu lesen.

Zu guter Letzt bin ich, als langjähriger Hörgeräteakustiker, der Meinung, dass eine Hörsystemanpassung ohne einen Blick in die Ohren des Kunden geworfen zu haben, unseriös und verantwortungslos ist. Die Beschaffenheit des Gehörgangs ist bei jedem Menschen anders. Bei der Hörsystemversorgung muss ich um diese Besonderheiten wissen, damit das passende Ohrstück gewählt werden kann. Denn das optimale Ohrpassstück ist ein wesentlicher Bestandteil einer gelungenen Anpassung.

Auch wenn zukünftig immer mehr die Autonomität des Konsumenten gefördert wird, hoffen wir, dass es noch Menschen gibt, die das Persönliche bevorzugen. Denn dafür steht Hörsystem KESSLER.

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